Eine gängige Meinung über offene Prüfungsfragen ist, dass ihre Bewertung subjektiv und aufwändig ist. Sollte man sie also überhaupt verwenden? Wie können Sie offene Fragen objektiv bewerten? Und wie können Sie eine effiziente Prüfung sicherstellen? Dieser Blogbeitrag zeigt, wann offene Fragen einen Mehrwert bieten, und gibt Tipps, wie Sie häufige Fehler bei der Prüfung offener Fragen vermeiden können.
Offene Fragen werde im Allgemeinen als Prüfungsfragen definiert, bei denen der Kandidat oder die Kandidatin die Antwort selbstständig ausformulieren muss. Bei geschlossenen Fragen hingegen handelt es sich um Prüfungsfragen, bei denen der Kandidat oder die Kandidatin die richtige Antwort oder eine Kombination von Antworten aus einer Reihe von Möglichkeiten auswählt. Die Wahl zwischen geschlossenen oder offenen Fragen sollte sich immer nach dem Lern- oder Prüfungsziel richten, das mit der jeweiligen Prüfung verfolgt wird.
Es kann jedoch sinnvoll sein, offene Prüfungsfragen zu verwenden. Denken Sie zum Beispiel an folgende Situationen:
Gleichzeitig können Sie durch offene Fragen die Ratewahrscheinlichkeit gering halten.
Geschlossene Fragen haben eine Reihe von Vorteilen, wie z. B. die einfache automatische Korrektur bei der Verwendung einer digitalen Prüfsoftware oder die objektive Bewertung (eine Antwort ist entweder richtig oder falsch).
Digitale Prüfungen machen den Prüfungsprozess insgesamt effizient. Doch besonders bei offen gestellten Prüfungsfragen kann eine digitale Prüfungssoftware große Entlastung bieten. Bei Prüfungen mit (hauptsächlich) offenen Fragen sind diese durch die ausformulierten Antworten meist umfangreicher und es wird dort oft nach dem 4-Augen-Prinzip korrigiert. Prüfungsunterlagen müssen mit einer digitalen Software-Lösung nicht mehr verteilt werden an den/ die jeweilige Korrektor*in, sondern werden im System hinterlegt. Eine Benachrichtigung wird versandt, sobald eine Prüfung zur Korrektur bereitsteht. Die Prüfung kann endgeräteunabhängig bearbeitet und durch die vom System vorgegebene Struktur können Fragen nicht versehentlich übersprungen werden. Außerdem geht keine Zeit verloren: unmittelbar nach der ersten Korrektur wird die zweite korrigierende Person benachrichtigt.
Wie bei analogen Prüfungsmethoden, ist es auch mit einer digitalen Software möglich, unterschiedliche Frageformen einzusetzen – und es kann bei entsprechend gewählter Frageform sogar eine automatische Korrektur erfolgen.
Bei der Verwendung von offenen Fragen ist es wichtig, die Beurteilungskriterien nicht erst nach der erfolgten Prüfung festzulegen, sondern im Vorfeld das Lern- und Prüfungsziel vor Augen zu haben. Dementsprechend kann auch die Form der Prüfungsfragen festgelegt und ggf. Vorgaben und Hilfsmittel bestimmt werden.
Formulieren Sie offene Fragen so spezifisch, dass sie nur jemand, der sie gelernt hat, beantworten kann. Fragen Sie also nicht nach allgemeinem Wissen.
Für die Korrektur halten Sie die Beispielantworten in Grenzen. Schreiben Sie nur auf, welche Antwortelemente erforderlich sind, und nicht, was die perfekte Antwort ist. Zum Beispiel: Andere Formulierungen mit der gleichen Bedeutung werden ebenfalls als richtig angesehen.
Wenn Sie der Meinung sind, dass neben den formulierten Antworten auch andere Antworten gegeben werden können, die nicht falsch sind, machen Sie einen entsprechenden Vermerk. Sie können beispielsweise “Andere Antworten sind von dem/der Korrektor/-in zu beurteilen.” vermerken.
Geben Sie den Korrektoren und Korrektorinnen die Möglichkeit, Kommentare abzugeben. Dies ist bei digitalen Prüfungen oder Tests oft möglich. Die korrigierende Person kann dann auf Grundlage der Antworten der Prüfungsteilnehmenden angeben, ob die Beispielantwort erweitert werden muss.
Geben Sie an, wofür Punkte vergeben werden und nicht wofür Punkte abgezogen werden. Bei digitalen Prüfungen oder Tests, können Sie die Bewertungsaspekte sehr genau angeben und für jeden Aspekt Punkte vergeben. Zum Beispiel:
Verwenden Sie klare Bewertungsaspekte (siehe auch Tipp 3), um Verwirrung bei den Korrektoren bzw. Korrektorinnen zu vermeiden.
Stellen Sie nicht mehr als zwei “Unterfragen” in einer Frage. Oder wenn doch, verwenden Sie a., b. und c. Fragen. So wissen sowohl die Prüfungsteilnehmenden als auch die Korrektoren und Korrektorinnen, wie viele Antworten gegeben werden müssen.
Stellen Sie keine “Überfragen” und sehen Sie sich die “Beispielantworten” kritisch an. Überschneiden sie sich? Dann passen Sie die Anzahl der zu gebenden Antworten nach unten an. Ein Beispiel: Wenn es drei Gründe gibt, von denen sich zwei überschneiden, fragen Sie nach zwei und nicht nach drei Gründen.
Beim HORN-Effekt fließt die Gesamtbeurteilung eines Kandidaten bzw. einer Kandidatin negativ in die Bewertung ein. Beim HALO-Effekt hingegen zählt diese positiv. Folge: Die korrigierende Person vergibt zu viele oder zu wenige Punkte.
Verwenden Sie eine segmentierte Bewertung. Bei der segmentierten Bewertung prüft der Korrektor bzw. die Korrektorin zunächst alle 1er-Fragen, dann alle 2er-Fragen und so weiter. Dies verschleiert das Gesamtbild der Leistung eines Prüfungsteilnehmenden.
Stellen Sie bei digitalen Korrekturen sicher, dass die Endnote eines Kandidaten bzw. einer Kandidatin nicht sichtbar ist. Wenn die korrigierende Person sieht, dass ein(e) Kandidat/in nur noch einen Punkt zum Bestehen braucht, könnte sie versucht sein, einen weiteren Punkt zu vergeben. Da das Ziel darin besteht, eine objektive Bewertung pro Frage abzugeben, ist es besser, die Gesamtpunktzahl verborgen zu halten.
Ein allgemeiner Ratschlag zur Verbesserung der Bewertung offener Fragen besteht darin, regelmäßig die Korrektoren und Korrektorinnen zu befragen. Was fällt ihnen auf? Nennen Sie bei Beschwerden und Einwänden Beispiele für Bewertungsfehler und besprechen Sie gemeinsam, wie man sie vermeiden kann.
Es gibt gute Gründe, offene Fragen zu stellen, und trotz der Nachteile gibt es (insbesondere bei digitalen Tests) zahlreiche Maßnahmen, die Sie ergreifen können, um sicherzustellen, dass offene Fragen effizient und objektiv bewertet werden. Natürlich bleibt der Faktor Mensch immer präsent, aber ist das nicht auch gewollt?
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